[SES-interdisziplinär]Antw: Fütterstörung bei 4 Monate altem Säugling

Johannes Stoffels Stoffels.Johannes at josefinum.de
Mo Nov 8 08:01:10 CET 2021


Liebe Frau Helmert,

Ja das ist eine belastende Situation.

Dafür betreiben wir im Josefinum Augsburg die sozialpädiatrische
Station.
Gerne kann sich die Familie bei uns melden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Johannes C. Stoffels
OA Leiter Sozialpädiatrisches Zentrum Kinderklinik
 
KJF Klinik Josefinum gGmbH Kapellenstraße 30 86154 Augsburg 
 
Telefon: 0821 2412-444
Telefax: 0821 2412-463  
SPZ at josefinum.de 
www.josefinum.de





Gesellschafter: Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V.
Geschäftsführung: Gerd Koslowski, Sebastian Stief
Amtsgericht Augsburg: HRB 33747
Sitz: Augsburg


>>> Stefanie Helmert <stefanie.helmert at gmx.de> 07.11.2021 23:22 >>>
Liebe Listenmitglieder,

 

ich wurde von einer Mutter einer Mutter-Kind-Gruppe angesprochen, weil
sie bezüglich der Fütterstörung ihres Babys nicht mehr weiter weiß. Da
ich als Logopädin keine Erfahrung im Bereich Fütterstörungen habe, würde
ich den Fall gerne hier schildern. Vielleicht hat jemand eine Idee,
hatte einmal einen ähnlichen Fall oder kann anderweitig helfen. Die
Mutter ist verständlicherweise sehr verzweifelt und für wirklich jeden
Tipp dankbar! 

Ich gebe weiter, was die Mama mir geschildert hat: 

Es geht um einen vier Monate alten Säugling (zweites Kind der Familie,
Mama „stillerfahren“). Im ersten Monat wurde er gestillt. Das war laut
Mutter allerdings eher anstrengend und mit viel Weinen verbunden. Die
Ursache war anfangs vermeintlich klar – zu viel Milch. Daraufhin wurde
abgepumpt und mit der Flasche gefüttert. Es wurde jedoch immer
schlimmer, bis er sich gar nicht mehr im Wachzustand (egal wie hungrig)
fūttern ließ. Er weinte dann immer erst viel vor Hunger, die Eltern
mussten ihn dann beruhigen und tragen und ihn zum Einschlafen bringen,
damit er dann im Halbschlaf trinken konnte. Für ca. 120 ml brauchte er
ca. eine halbe Std oder lānger. Die betreuende Hebamme war ratlos. Sie
meinte, der Geschmack der Muttermilch wäre die Ursache. Daraufhin hat
die Mutter die abgepumpte Milch mit Schmelzflocken bzw. Saft gemischt;
das brachte aber keine Veränderung. Eine kuhmilchfreie Ernährung der
Mutter brachte auch keine Veränderung. Einmal waren sie wegen Fieber im
Krankenhaus, da wollten die Ärzte ihm eine Magensonde legen. Beim
Kinderarzt (eine wirklich gute Adresse in Ingolstadt) herrscht
Ratlosigkeit. Sie vermuten eine Ūberempfindlichkeit im
Mund-/Gaumenbereich. Die Mutter war mit dem Jungen beim Osteopathen und
bei einer Heilpraktikerin - keine Besserung. Sie sucht aktuell nach
einer Logopädin, die Sāuglinge behandelt, das gestaltet sich aber sehr
schwierig. 

Da ihr bislang niemand wirklich weiterhelfen konnte, hat sie viel im
Internet recherchiert und von ähnlichen Fällen gelesen, aber nie einen
„Lösungsansatz“ gelesen. Über die Internetrecherche kam die Frage
auf, ob er eine Regulationsstörung hat... 

Aufgrund der schwierigen Ernährungssituation hat sie jetzt mit 4
Monaten die Beikost eingeführt und „drückt ihm die Löffelchen irgendwie
rein, im wachen Zustand“. Aus Verzweiflung, da wirklich jeder Milliliter
ein Kampf ist, hat sie begonnen, ihm neben Beikost auch kalorienreichere
1er-Milch zu geben. Die mag ihr Sohn aber nicht recht. 

Aufgefallen ist ihr außerdem, dass er oft spuckt. Dadurch muss sie ihn
im Anschluss an das langwierige Fūttern mindestens 20 Minuten aufrecht
tragen, damit nichts von dem mūhsam Gefütterten wieder ausgespuckt wird.
Das Trinken im Halbschlaf ist insgesamt nicht leicht. Sie muss viele
Anlāufe machen und ihm stāndig Pausen geben. Wenn er dann mal am
Fläschchen zieht, sind es hastige 2-3 Schlucke, dann dreht er den
Kopf weg und ringt nach Luft. Sie gibt ihm dann schnell den Schnuller,
damit er durch dieses beschwerliche Trinken nicht aufwacht. 

Sie erzählte auch, dass – damit sie ihn vom Weinen vor Hunger zur Ruhe
bringen und möglichst schnell in den Halbschlaf bringen kann - im
Hintergrund jedes Mal 
der Fōhn oder die Dunstabzugshaube läuft; damit
wollen die Eltern ihn „abschirmen“. 

Die Familie kann quasi nirgends hingehen, weil er sich unterwegs nicht
so leicht zur Ruhe bringen lāsst. 

Die Mama ist in Sorge, ob evtl. eine anatomische Unreife der
Speiseröhre vorliegt, oder etwas ähliches. Eine Untersuchung auf
Reflux in einer lokalen, renommierten Kinderklinik ist geplant. 

Es bleibt die Angst der Mutter, was ihr Kind hat und ob es besser wird.
Momentan schläft er tagsüber noch oft, sodass sie ihn zum Einschlafen
bekommen kann, um ihn dann zu fūttern. Aber das wird mit jedem Monat
schwieriger werden.

 

Eine lange Beschreibung – sie spiegelt die Odyssee, die die Familie
schon hinter sich hat. 

Falls jemand weiterhelfen könnte, wäre das großartig. Vielen Dank im
Voraus!

 

Mit freundlichen Grüßen

Stefanie Helmert

 

 

 





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