[SES-interdisziplinär]Zu Fütterstörung bei 4 Monate altem Säugling
Anja Keller
Keller.Anja at josefinum.de
Do Nov 11 13:31:31 CET 2021
Liebe Frau Helmert,
wir haben Ihre Schilderung gelesen und können die Not der Eltern sehr
gut nachvollziehen!
Letztlich hat sich ja von Beginn an keine gute Ernährungssituation und
Nahrungsaufnahme etabliert, so dass das ganze Thema sicher mit großen
Ängsten und Stress behaftet ist. Eine Erfahrung, die wir sehr häufig
machen, denn: ist das Gedeihen eines Kindes nicht stabil gesichert,
werden oft existenzielle Ängste aktiviert. Dieser Kreislauf, den Sie
beschreiben, entsteht dann ganz häufig aus der Not, dass das Kind ja
"irgendwie" ernährt werden muss! Füttern im Halbschlaf, Füttern gegen
Abwehr, Füttern mit Ablenkung kommen da leider nicht selten vor, so dass
letztlich rund um das Thema Essen ganz dysfunktionale Interaktionsmuster
entstehen, die aber das Problem nicht lösen und die Beziehung zwischen
Eltern und Kindern belasten. Insofern empfiehlt sich auch
multiprofessionellen Ansatz, der folgende Ebenen berücksichtigt (s.
auch: Leitlinien zu psychischen Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und
Vorschulalter S2k):
- somatische Ebene mit Diagnostik und Begleitung des Gedeihens,
gegebenenfalls mit Angebot hochkalorischer Zusatznahrung
- Diagnostik auch unter dem Aspekt der Frage des Bestehens einer
frühkindlichen Regulationsstörung
- entwicklungsbezogene Ebene mit Psychoedukation zu Themen wie
Entwicklung von Hunger, Sättigung, etc.
- interaktions- und kommunikationszentrierte Ebene mit Beobachtung der
Interaktion beim Essen aber auch in unbelasteten Situationen,
Sensibilisieren für die Hungerzeichen des Babys
- psychodynamisch-beziehungsorientierte Ebene: Zeigen sich irgendwelche
"Gespenster" aus der familiären Vergangenheit am Familientisch? Welche
Ängste, Gefühle werden durch die Fütterstörung bei den Eltern
aktiviert?
- Einbezug der Ernährungstherapie
- bei individuell festgestellter Indikation Einbezug der
Logopädie/Sprachtherapie => beispielsweise Frau Susanne Renk bietet
z.B. zu dem Thema Fütterstörungen (FST) im Säuglings- und Kleinkindalter
Fortbildungen an
Für den Einzelfall gilt es gut abzuwägen, ob der ambulante Rahmen - so
wie wir ihn beispielsweise als Ambulanz für Regulationsstörungen über
die KJPP anbieten - ausreicht oder eine Intensivierung therapeutischer
Interventionen im Rahmen einer stationären Mutter/Vater-Kind-Behandlung
notwendig ist.
Die Antworten auf Ihre Fallvignette zeigen, dass es hierfür doch mehr
Möglichkeiten gibt, als man zunächst meinen möchte. Das macht sicher
Mut, den die Eltern bestimmt dringend brauchen können!
Für einen kollegialen Austausch können wir gerne telefonieren. Der
Familie wünschen wir alles Gute!
Viele Grüße,
Anja Keller (M. A.)
Psychologischer Dienst, Mini-Ambulanz
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Kapellenstraße 30
86154 Augsburg
Telefon 0821 2412 435 (Sekretariat)
Telefax 0821 2412 481
Mail: keller.anja at josefinum.de
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Vorsitzender des Aufsichtsrats: Domkapitular Armin Zürn
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www.kjf-augsburg.de
Gesellschafter: Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V.
Geschäftsführung: Gerd Koslowski, Sebastian Stief
Amtsgericht Augsburg: HRB 33747
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