[SES-interdisziplinär]Neue Terminologie der SES
Prof. Dr. Stephan Sallat
stephan.sallat at paedagogik.uni-halle.de
Mi Jul 3 16:39:28 CEST 2019
Sehr geehrte Frau Scharff Rethfeldt,
Sehr geehrte SES-Listenmitglieder,
vielen Dank für den Hinweis auf den Beitrag. Diese Mail möchten wir zum
Anlass nehmen, um die Mitglieder der Liste über den aktuellen
Diskussionsstand im deutschsprachigen Raum zu informieren.
Ausgehend von Impulsen unterschiedlicher Kolleginnen und Kollegen auf
Tagungen und in der Fachpresse hat die GISKID den interdisziplinären
deutschsprachigen Austausch bereits initiiert, denn die Konsensfindung
verlangt den Austausch über Fach- und Disziplingrenzen hinweg. Je nach
Fachrichtung (Sprachtherapie/Logopädie, Medizin, Linguistik,
Psychologie, Sprachheilpädagogik etc.) ergeben sich ebenso Unterschiede
wie aus den regionalen Besonderheiten im deutschsprachigen Raum. Hinzu
kommen unterschiedliche Sichtweisen auf die Terminologie aus der
wissenschaftlichen, medizinischen, therapeutischen oder pädagogischen
Praxis heraus. Dies hat sich schon im Prozess zur Terminologiediskussion
in den englischsprachigen Ländern gezeigt. Die Situation ist im
deutschsprachigen Raum nicht minder heterogen. Als interdisziplinäre
Gesellschaft im Bereich Spracherwerb und Sprachentwicklungsstörungen die
dazu keinen berufspolitischen Interessen folgt sieht sich die GISKID
hier in besonderer Weise in der Pflicht. Daher wurden die Impulse
aufgegriffen und durch die GISKID ein interdisziplinäres
Expert*innentreffen organisiert. Dieser Einladung sind 42 Expert*innen
aus Deutschland und der Schweiz gefolgt. Sie gehören den oben genannten
Berufsgruppen an und bieten damit ein breites inhaltliches Spektrum.
Im Rahmen des Expert*innentreffens am 03.05.2019 in Frankfurt ging es
darum, die Ergebnisse und Statements der englischsprachigen Diskussion
über die Definition und Terminologie von Sprachentwicklungsstörungen
(Bishop et al., 2017) im Detail zu besprechen und durch die Arbeit in
kleinen vorbereitenden Gruppen und die anschließende Diskussion im
großen Plenum kritisch zu hinterfragen. Einleitend gab es drei Impulse
aus der Linguistik (Kauschke), der Logopädie (Scharff Rethfeldt) und der
Medizin (Keilmann, Kummer, Neumann). Es wurde im Laufe des Tages
deutlich, dass die Herausforderungen nicht nur in der Übersetzung der
Statements vom Englischen ins Deutsche liegen. Vielmehr muss die
Terminologie auch vor dem Hintergrund der deutschen Forschungs- und
Versorgungslandschaft gedacht und entwickelt werden. Nichtsdestotrotz
wurde in der Diskussion auch auf viele Befunde internationaler,
empirischer Untersuchungen zurückgegriffen, die auch für die Definition
und Terminologie von Sprachentwicklungsstörungen in Deutschland
bedeutsam und richtungsweisend sind. Der intensive Austausch des
Expert*innentreffens in Frankfurt zeigte, dass nur durch eine gemeinsame
und eben interdisziplinäre Konsensfindung Kriterien zur Definition von
Sprachentwicklungsstörungen und damit einhergehende Begrifflichkeiten
umfassende Verwendung finden können. In diesem Sinne ist es gut, dass
mit dem Beitrag von Wiebke Scharff Rethfeldt und Susan Ebbels eine
weitere Diskussionsgrundlage vorliegt! Weitere Beiträge sind aktuell
erschienen oder im Druck (bspw. Kauschke & Vogt, 2019; Kauschke, Spreer
& Vogt - im Druck, Forschung Sprache).
Um den direkten Diskussionsprozess und Austausch weiterführen zu können,
wird durch die GISKID an einer technischen Umsetzung gearbeitet, welche
die Diskussion des Expert*innentreffens für einen breiteren Kreis
zugänglich macht und weitere Kommentierungen ermöglicht. Auf dieser
Grundlage sollen von einem interdisziplinären Exptert*innenteam
verbindliche deutsche Statements vorbereitet werden. Am
DLD-Awareness-Day (18.10.) wird dann in Frankfurt ein weiteres Treffen
stattfinden, auf dem inhaltliche Abstimmungen erfolgen und das finale
Vorgehen zur Abstimmung für einen interdisziplinären deutschen Konsens
besprochen wird. Die Ergebnisse dieses interdisziplinären
deutschsprachigen Prozesses sollen schließlich durch eine oder mehrere
Publikationen ein Teil des internationalen Diskurses werden.
Wir halten Sie auf dem Laufenden!
Herzliche Grüße
Stephan Sallat, Carina Lüke, Anja Starke, Katharina Albrecht
(GISKID-Vorstand)
Am 03.07.2019 um 15:11 schrieb Dr. Wiebke Scharff Rethfeldt:
> Sehr geehrte SES Listenmitglieder,
>
> gerne möchten wir Sie über aktuelle internationale Entwicklungen zur neuen Terminologie der Sprachentwicklungsstörung und damit verbundenen veränderten diagnostischen Kriterien informieren.
>
> Das bisherige Klassifikationssystem zur Diagnostik von Sprachentwicklungsstörungen erscheint nicht hinreichend geeignet, da die Störungsformen und Kriterien nicht angemessen formuliert sind. In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr diagnostischer Fehlentscheidungen.
> Das internationale CATALISE-Konsortium hat in den letzten Jahren verschiedene Bemühungen zur Verbesserung der Diagnostik unternommen und schließlich eine neue Terminologie (Developmental Language Disorder, DLD) und diagnostische Kriterien vorgeschlagen.
>
> Grundlage der Änderungen, Unterschiede zur bislang in Deutschland geltenden Terminologie, diagnostische Kriterien sowie Implikationen skizzieren wir im Fachartikel „Terminologie der Sprachentwicklungsstörung (SES) - Auf dem Weg zu einem internationalen Konsens“ (Scharff Rethfeldt & Ebbels), der in aktuellen Ausgabe des Forum Logopädie erschienen ist.
>
> In den vergangenen zwei Jahren fanden Disseminationsbemühungen der neuen evidenzbasierten diagnostischen Kriterien und die darauf abgeleitete neue Terminologie auf diversen internationalen Kongressen und Fachtagungen sowie online über die einschlägigen Medien statt (z.B. RADLD #DevLangDis Kampagne).
> In diesem Jahr werden zusätzlich von einer SES Betroffene und ihre Angehörigen in den Diskurs einbezogen - bislang zeichnet sich eine gute Akzeptanz ab.
>
> In den vergangenen Monaten wurden Bemühungen unternommen, die neue Terminologie über den englischsprachigen Raum hinweg zu kommunizieren.
> Mit der aktuellen o.g. Veröffentlichung liegt nun auch eine deutschsprachige Version als Diskussionsgrundlage vor.
>
> Wir freuen uns auf einen zielführenden Diskurs auch in diesem Forum und hoffen auf Ihre Unterstützung zur Erreichung des anspruchsvollen Zieles einer international einheitlichen Terminologie.
>
> Mit besten Grüßen
> Wiebke Scharff Rethfeldt
>
> ----------
>
> Prof. Dr. Wiebke Scharff Rethfeldt
>
> Hochschule Bremen, Leitung Angewandte Therapiewissenschaften
> Vice-Chair MMAC der International Association of Logopedics and Phoniatrics
> Internationales Mandat des dbl e.V (BKIB)
> www.logo-com.net
>
>
> Sent by mobile device.
> Apologies for typos and brevity.
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>
> Prof. Dr. Wiebke Scharff Rethfeldt
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Prof. Dr. Stephan Sallat
Pädagogik bei Sprach- und Kommunikationsstörungen
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Philosophische Fakultät III – Erziehungswissenschaften
Institut für Rehabilitationspädagogik
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Speech and Language Pedagogy and Pathology
Martin Luther University Halle-Wittenberg – Germany
Department of Special and Inclusive Education
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